Anthroposophische Medizin

Bei Husten rührte Mutter immer ein spezielles Gemisch aus Rettich und Honig an, und wenn der Schlaf nachts nicht kommen will, greifen viele zu Melisse-Tee oder Baldrian-Tropfen. Doch kaum jemand kennt heute die Vielseitigkeit natürlicher Heilmittel, sind sie doch allesamt anthroposophisch. Wofür steht die Anthroposophische Medizin und wie wird sie eingesetzt? Welche Arzneimittel und Therapien gehören dazu? Wir geben einen Überblick über diese Heilkunde.

Die vier Kräfte im Menschen

BKK-VBU Ratgeber: Grafik des antroposophischer Lebensprozesses.
Die vier wirkenden Lebensprozesse im Organismus nach dem Begründer der Anthroposophischen Medizin Rudolf Steiner.

Anthroposophische versus konventionelle Medizin?

Die Anthroposophische Medizin versteht sich nicht als Alternative zur konventionellen Medizin, sondern ergänzt sie. Ärzte mit den Kenntnissen der Anthroposophie haben ein medizinisches Studium, eine konventionelle Ausbildung sowie eine Ausbildung in Anthroposophischer Medizin durchlaufen. Der anthroposophische Arzt versucht alle Zusammenhänge zur Erkrankung seines Patienten zu verstehen, wendet aber auch sein Wissen der herkömmlichen Medizin an, wenn der Organismus nicht aus sich selbst heraus gesund werden kann. Die Anthroposophische Medizin bedient sich aber vieler zusätzlicher Therapien, um die Selbstheilungskräfte auf physischer, seelischer und geistiger Ebene zu aktivieren.

Einige dieser Heilmittel stellen wir Ihnen vor:

Hände an der Töpferscheibe

Anthroposophische Kunsttherapie

Der Patient setzt sich mit seiner Erkrankung schöpferisch auseinander: Durch den Umgang mit Farbe, Material und Form, Klang und Sprache oder Bewegung beschäftigt er sich mit seinen Gefühlen, Gedanken und inneren Kräften und schafft dadurch auch seelisch und geistig die Voraussetzungen, gesund zu werden. Die Kunsttherapie wird übrigens auch bei Stress eingesetzt. Zum Thema Stress und Stressbewältigung

Paare im Tanzstudio

Heileurythmie

Die Heileurythmie geht davon aus, dass jeder Laut, jedes Wort, jede Melodie in der Bewegung ausgedrückt werden kann. Gezielte Bewegungsübungen helfen, akute und chronische Krankheiten zu lindern – auch bei schwerkranken und bettlägerigen Patienten. Erkrankungen des Nervensystems, Bewegungsapparates oder Herz-Kreislaufsystems gehören dazu. Aber auch vorbeugend wird diese Bewegungstherapie angewendet.

Ölblasen in blauem Wasser

Ölbadetherapie

Anthroposophische Öldispersionsbäder unterstützen den Heilungsprozess in der Form, dass der Patient in Wasser, Öl und Wärme „eingehüllt“ wird. Das Öl wird so fein zerstäubt, dass es in tiefere Hautschichten vordringen kann und so den Stoffwechsel ankurbelt. Vor allem, wenn der eigene Wärmehaushalt ins Lot gebracht werden soll, hilft diese Therapie. Anwendung findet die Ölbadetherapie bei vielen Krankheiten, zum Beispiel bei Neurodermitis, Stoffwechselerkrankungen, Arthrose, Asthma oder Schlafstörungen und Erschöpfung.

Hände auf dem Rücken einer Frau

Rhythmische Massage nach Dr. Ita Wegman

Die Rhythmische Massage leitet sich von der klassischen Massage ab, setzt aber leichtere, weniger druckintensive Griffe ein. Der Körper bleibt bedeckt. Durch bestimmte Rhythmen und Kreisformen lindert die Massage Symptome der Krankheit und aktiviert die Selbstheilungskräfte des Menschen. Die Rhythmische Massage wird bei sehr vielen (chronischen) Erkrankungen eingesetzt. Bei Kindern korrigiert sie zum Beispiel Ernährungs- und Schlafstörungen, Unruhe und Aggression. Sie wirkt aber auch bei Gelenkerkrankungen, Herz-Kreislauf-Störungen oder in der Schmerztherapie.

Endlich Ruhe! – Anthroposophische Therapie am Beispiel von Tinnitus

Mann fast sich gequält an die Ohren
Viele Menschen leiden heute unter Tinnitus, fünf bis 15 Prozent haben sogar ständige Geräusche im Ohr. Wenn Stress, Gelenkblockaden und andere Erkrankungen ausgeschlossen werden können, hilft möglicherweise eine Musiktherapie, störende Ohrgeräusche in den Griff zu bekommen oder ganz abzustellen. Patienten summen oder singen bestimmte Töne nach, die unterhalb ihrer Tinnitus-Frequenz liegen. Das Gehirn rekonstruiert so den fehlenden Ton, welcher den Tinnitus allgemein auslöst und vermindert ihn damit. Nach der Musiktherapie empfanden 80 Prozent der Patienten die Ohrgeräusche nicht mehr als störend, bei acht Prozent verschwanden sie ganz.

Gibt es anthroposophische Arzneimittel?

Entsprechend ihres ganzheitlichen Verständnisses nutzt die Anthroposophische Medizin sowohl Arzneimittel der konventionellen Medizin, der Homöopathie als auch eigene Präparate. Anthroposophische Globuli, Tropfen, Pulver und Tabletten beruhen auf natürlichen Ausgangsstoffen wie beispielsweise Schwefel und Quarz (mineralisch), Arnika (pflanzlich) oder Ameisen (tierisch). Ihre Herstellung ist so komplex wie faszinierend: Unter strengen Auflagen werden zum Beispiel Mineralien kristallisiert, Öle extrahiert und destilliert, Extrakte verdünnt und vermischt. Maßgebend ist immer ein Grundstoff, der um weitere Inhaltsstoffe ergänzt wird.

Anthroposophische Grundstoffe und ihre Wirkung – ein Einblick

Mineralisch: Eisen, Zinn und Gold

Präparate mit dem Grundstoff Eisen eignen sich bei Blutarmut, zur Stimulierung des Kreislaufs, zur Stärkung des Immunsystems oder der Potenz. Auch bei Allergien, Erschöpfung, Depression sowie in der Krebstherapie kommt Eisen zum Einsatz. Zinn findet Anwendung bei Entzündungen, Verhärtungen, Ergüssen und Absonderungen. Insbesondere bei degenerativen Erkrankungen, bei denen Gewebe und Organe geschädigt sind, wird Zinn eingesetzt. Gold spendet Energie und Vitalität und wirkt so bei Depressionen und Nervenerkrankungen. Es kurbelt Herz und Kreislauf an, lindert Beschwerden der Geschlechtsorgane und unterstützt auch die Heilung der Knochen.

Pflanzlich: Brennessel, Zitrone und Thymian

Tee oder Medizin mit Brennessel-Extrakt regt den Stoffwechsel an und ist ein beliebtes Entschlackungsmittel. Deshalb hilft die Pflanze gut bei Rheuma und Gicht, weil sie Giftstoffe aus dem Körper spült. Auch bei Übergewicht, Haarausfall, Krampfadern, Erschöpfung und Hämorrhiden wird die Brennessel angewendet. Die Zitrone ist sehr vielseitig in ihrer Heilkraft. Unter anderem wirkt sie antibakteriell, blutreinigend und schleimlösend. Sie findet zum Beispiel Anwendung bei Heuschnupfen und Luftwegserkrankungen, hemmt Entzündungen, Gallensteine, Bluthochdruck und Cholesterin. Die Zitrone stärkt die Immunabwehr und kurbelt die Verdauung an. Das ätherische Öl des Thymians tötet Keime ab, weshalb er besonders bei Erkrankungen in Organen und Gewebe hilft. Aber auch bei Mandel-, Blasen- und Zahnfleischentzündungen, Menstruations- und Verdauungsbeschwerden, Erkältung, Husten und Asthma wirkt dieses Heilkraut.

Tierisch: Bienengift und Drüsensekrete

Auch wenn die heilende Wirkung von Bienengift (Apisin) nicht bewiesen ist, schwören Patienten auf die Quaddeltherapie mit Bienengift. Es soll bei Schlafstörungen, rheumatischen Erkrankungen und Arthritis helfen und außerdem das Blutbild verbessern. Auch Drüsensekrete wirken heilend. Das Drüsensekret vom Biber, zum Beispiel, enthält eine Säure, auf der das Aspirin beruht. „Bibergail“, wie das Sekret auch genannt wird, wirkt gegen Schmerzen, Krämpfe und Nervosität. Das Drüsensekret des Bisams wird beispielsweise gegen Hysterie eingesetzt.

Aufgrund der positiven Erfahrungen in der eigenen Kindheit und Jugend steht für uns und unsere Kinder die Behandlung durch anthroposophische Arzneimittel außer Frage.

Agnes V., bei der Krankenkasse mkk versichert

Anthroposophische Pflegeeinrichtungen

In Deutschland gibt es etwa 60 anthroposophische Pflegeeinrichtungen, darunter Krankenhäuser, Pflegedienste oder Altenheime. Die Krankenkasse mkk arbeitet mit dem Berliner Krankenhaus Havelhöhe zusammen, das ein breites Spektrum medizinischer Versorgung abdeckt. Zur Website der Klinik Havelhöhe
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