Mobil mit Nebenwirkungen
Was das Smartphone mit uns macht
Das Smartphone ist eine Revolution – mit tiefgreifenden Konsequenzen für unsere Gesellschaft. Für viele sind die mobilen Alleskönner längst zum ständigen Begleiter geworden. Aber was bedeutet das eigentlich für unsere Gesundheit?
Sind Sie manchmal enttäuscht, wenn auf dem Handy keine neuen Nachrichten aufpoppen? Wenn ja, dann hat das einen guten Grund. Smartphones funktionieren wie ein Glücksspielautomat: Jedes Mal, wenn das Display aufblinkt und wir in den sozialen Medien "geliked" werden, wird im Gehirn das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet. Wir hungern geradezu nach diesem Botenstoff, der uns belohnt und dazu animiert, weiter zu wischen, zu scrollen und zu klicken.
Viele Apps nutzen das Prinzip der "variablen Belohnung": Nutzer wissen nie, wann und wie oft sie etwas bekommen – mit dem Ergebnis, dass das Smartphone für viele inzwischen ein ständiger Begleiter ist. Amerikanische Studien zeigen, dass allein die bloße Anwesenheit von Smartphones die Konzentration stört, selbst wenn sie nicht eingeschaltet sind. Wie in einer Dauerschleife versetzt uns das ständige Warten auf den nächsten Dopamin-Kick in einen konstanten Stresszustand. Unser Körper ist dafür nicht gemacht. Der Drang, immer erreichbar zu sein, lässt das Stresshormon Cortisol in die Höhe schießen:
- Das Herz schlägt schneller,
- Adrenalin wird freigesetzt,
- der Blutzuckerspiegel steigt.
In körperlicher Gefahr kann das lebensrettend sein, als Dauerzustand ist der Mechanismus indes gefährlich für die Gesundheit. Mögliche Folgen: Depressionen, Bluthochdruck oder Fettleibigkeit.

Große technische Innovationen bringen immer auch große gesellschaftliche Auswirkungen mit sich – man denke nur an den Buchdruck, die Glühbirne oder die Eisenbahn. Auch das Smartphone gehört in diese Kategorie. In etwas über einem Jahrzehnt hat der mobile Computer die Gesellschaft, ihr Kommunikations- und Konsumverhalten grundlegend verändert. Wir shoppen online mit dem Handy und gehen kaum noch in den Laden um die Ecke. Wir schreiben und chatten, statt uns persönlich zu treffen oder zumindest mal zu telefonieren. Schöne Momente und Orte genießen wir nicht einfach so, sondern durch die Kamera des Smartphones. Und deshalb legen wir das Handy auch kaum noch aus der Hand. Etwa ein bis zwei Prozent der gesamten Bevölkerung gelten bereits als internetabhängig. Bei der jüngeren Bevölkerungsschicht gehen Suchtforscher sogar von fünf Prozent aus.
Während junge Männer eine Vorliebe für Onlinespiele und Pornografie zeigen, tauschen sich junge Frauen ausufernd in den sozialen Medien aus. "Die Weichen werden schon im Grundschulalter gestellt", beobachtet Dr. Jörg Astheimer. Der Medienwissenschaftler will Schülern der 3. und 4. Klassen einen sicheren und gesunden Umgang mit Internet und Smartphone beibringen.

Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sind spätestens ab der 4. Klasse ein großes Thema. Die Mehrheit der Schüler hat mit zehn Jahren ein eigenes Smartphone, viele nehmen es sogar mit ins Bett. Glücklicher sind die Kinder deshalb sicher nicht: „Die Zufriedenheit bleibt aus, stattdessen stellt sich ein Gefühl der Frustration ein“, beobachtet Astheimer. Beeindruckend offen und reflektiert beschreiben seine jungen Seminarteilnehmer ihre Probleme: "Viel spielen macht aggressiv", "Ich kann oft nachts nicht schlafen", "Nach 1,5 Stunden Zocken fühlt man sich schlapp, hat Kopfschmerzen, die Augen brennen und man ist gelangweilt".
Die Folgen: Die Schüler sind müde, reden nur noch über ihre Erlebnisse im Netz, und oft werden auch die Noten schlechter. Im Dialog mit Kindern, Lehrern und Eltern entwickelt Astheimer Medienregeln, die für die ganze Familie gelten sollen. Aussicht auf Erfolg haben solche Ansätze nämlich nur, wenn die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen. Auch das Smartphone selbst kann helfen: Shutdown-Programme wie die Eltern-App "Kidslox" blockieren unerwünschte Inhalte und wechseln nach einem bestimmten Zeitlimit in den Sperrmodus. "Zeitbegrenzungen oder sogar medienfreie Tage finden die Schüler am Anfang natürlich Mist. Aber die meisten Kinder sind erleichtert, wenn ihnen Grenzen gesetzt werden", erzählt Astheimer.
Tipps
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Daumen schonen: Für längere Texte sollte man eine externe Tastatur nutzen.
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Besser schlafen: Wer noch vor dem Einschlafen ins Handy schaut, sollte den Nachtmodus einschalten.
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Grenzen setzen: Eine Stunde Mediennutzung am Tag reicht. Wochenbudgets sind bei Kindern häufig beliebter als fixe Tageszeiten.
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Schluss jetzt: Shutdown-Programme können auch für Erwachsene sinnvoll sein: Wer in sozialen Medien oder bei Onlinespielen kein Ende findet, setzt sich zum eigenen Schutz eine Zeitbegrenzung. Dafür gibt es diverse Apps.
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Check dich selbst: Die BZgA einen Selbsttest zu Videospielsucht und exzessiver Internetnutzung an.

Was viele nicht wissen: Das Smartphone kann nicht nur psychische, sondern auch physische Probleme verursachen. Wenn der Kopf nur leicht geneigt ist, stemmt die Halswirbelsäule ordentlich Gewicht. Wer starr nach unten auf das Handy in seinen Händen blickt, verstärkt die Belastung auf Muskulatur und Skelett um ein Vielfaches. In den Praxen der Orthopäden sitzen inzwischen auch jüngere Patienten mit Symptomen, die bislang eher älteren Menschen zu schaffen machten: Hier schmerzt der Nacken, dort die Schulter. Vor allem die Daumen machen nicht mehr mit. Die vielen schnellen Dehn- und Spreizbewegungen beim Tippen auf den Minidisplays strapazieren Sehnen und Bänder. Die neue Krankheit hat sogar schon einen Namen: Handydaumen. "Vor allem das einhändige und schnelle Texten stellt eine erhöhte Belastung für die Daumen dar", berichtet Dr. Patricia Tegtmeier von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Die Wissenschaftlerin hat Studien aus den Jahren 2007 bis 2016 ausgewertet, die sich mit den gesundheitlichen Folgen von Handys und Tablets befassen. Ihr Fazit: "Es gibt eigentlich keine Haltung, die für alle Körperbereiche optimal ist." Wer etwa das Handy beidhändig nutzt, führt dabei die Finger auf dem kleinen Display sehr eng zusammen. Für die Daumen ist das zwar entlastend, dochRücken, Schulter und Handgelenke werden dabei stark abgewinkelt. Da hilft nur eins: Nicht stundenlang in derselben Position verharren, sondern das Handy immer wieder anders halten. Oder noch besser: Öfter mal ganz ausschalten.
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