Entspannte Feiertage: So entgehst du Weihnachtsstress

Weihnachten ist eigentlich das Fest der Liebe. Gerade an den Feiertagen kommt es aber in vielen Familien zu Stress und Streit. Warum ist das so und wie lässt es sich vermeiden?

Die Teenager-Tochter schmollt, weil sie nicht mit ihren Freunden zu einer Party darf, der Sohn chattet – wie er denkt unbemerkt – am Smartphone und die Jüngste heult, weil sie kein Skateboard bekommen hat. Opa möchte ein Gedicht von den Enkeln hören. Oma mäkelt in höflichen Worten am Essen herum. Und Mama und Papa haben allmählich wirklich die Nase voll.

Ungefähr so kann man sich in vielen Familien "alle Jahre wieder" das Weihnachtsfest vorstellen. Die Wurzel allen Übels ist eine überzogene Erwartungshaltung. "Weihnachten ist im Vergleich zu anderen Feiertagen sehr aufgeladen mit Erwartungen", sagt die Berliner Familientherapeutin Dr. Christine Gürtler. "Jeder bringt seine eigenen Traditionen mit, angefangen beim Essen bis hin zu der Frage, ob der Weihnachtsmann oder das Christkind kommt. Diese teils sehr unterschiedlichen Wünsche unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach."

Vater und Sohn sitzen an Weihnachten auf dem Sofa und lachen herzhaft

Ein weiterer Faktor, der die Stimmung an Weihnachten schnell kippen lässt, ist Stress, erklärt Maral Alamdari. Die Berlinerin arbeitet seit zehn Jahren als Lifecoach und berät auch Familien. "An Weihnachten soll alles perfekt sein: das Essen, die Deko, die Stimmung, die Geschenke. Alle müssen glücklich sein. Dieser Anspruch setzt alle in der Familie unter Druck", so Alamdari. Wie Christine Gürtler immer wieder beobachtet, trübt auch der Stress vor den Feiertagen die Stimmung. Viele Mütter und Väter seien wegen des nahenden Jahresendes im Jobstress. Hinzu kämen die vielen Termine in der Adventszeit, sei es das Weihnachtskonzert der Kinder oder die Weihnachtsfeier im Büro. Parallel müsse man alle Besorgungen machen und an tausend Dinge denken.

"Nach diesem Stress ist dann am 24. Dezember plötzlich Ruhe und Freizeit. Was man sich eigentlich seit Wochen wünscht, kann einen emotional erst einmal total überfordern", weiß die Psychologin. Weihnachten muss aber nicht zwingend zu Stress und Streit führen, sind sich Maral Alamdari und Christine Gürtler einig. Familien können an vielen Stellschrauben drehen, damit ihr Fest schön wird.

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Reden und Rücksicht nehmen

"Stress ist garantiert, wenn nicht kommuniziert wird", sagt Lifecoach Alamdari. "Meine Empfehlung ist, spätestens zwei Wochen vor dem Fest die wichtigsten Fragen zu klären: Was gibt es zu essen? Wer bringt was mit? Wen treffen wir wann? Wer muss was vorbereiten? Eltern sollten das zusammen mit ihren Kindern besprechen und entscheiden."

Je kleiner die Kinder sind, desto empfindlicher reagieren sie auf Aufregung. Das betrifft die Anzahl der Geschenke, die Menge der Gäste oder auch lange Reisen.

Nichts muss, vieles kann

An Weihnachten ist gutes Erwartungsmanagement gefragt. "Der Anspruch an Harmonie ist an den Feiertagen riesengroß. Es hilft, das Fest in seiner Bedeutung für die Familie nicht so hoch zu hängen", so Christine Gürtler.

Sie empfiehlt vor allen Dingen Eltern, ihr Programm nicht stur durchzuziehen, sondern den Moment zu genießen. Auch Verwandtenbesuch sollte kein Zwang sein: "Es gibt so viele Gelegenheiten, die Familie zu treffen. Das muss nicht alles an diesen drei Tagen im Jahr stattfinden. Man kann das auch entzerren und sich im neuen Jahr sehen."

Finger weg von heißen Eisen

Wenn zwischen zwei Familienmitgliedern ein Konflikt schwelt, wird Weihnachten zum Minenfeld. Streit lässt sich hier unter Umständen vermeiden, wenn die beiden das Problem vor dem Fest unter vier Augen klären oder sich der restlichen Familie zuliebe an Weihnachten zusammenreißen. Dabei kann es helfen, sich beim Alkohol zurückzuhalten.

Wenn es aber doch kracht, rät Christine Gürtler: "Am besten ist es dann zu einem späteren Zeitpunkt mit kühlem Kopf über den Streit zu sprechen. Konflikte sind leichter lösbar, wenn sich alle beruhigt haben."

Klarheit für die Kleinen

Für kleine Kinder ist Weihnachten Aufregung pur – oft mehr, als sie vertragen können. "Eltern sollten vor allen Dingen für den 24. Dezember einen groben Ablauf festlegen, damit die Kinder nicht in eine Wartehaltung kommen, die sich dann irgendwann negativ entlädt", empfiehlt Maral Alamdari. "Kindern hilft es, wenn sie wissen, was als nächstes passiert."

Bis zur Bescherung könne man als Überbrückung gemeinsam das Dessert vorbereiten, den Weihnachtsbaum schmücken, einen Weihnachtsfilm schauen oder spazieren gehen.

Die Ruhe bewahren

Streit kommt in den besten Familien vor, so die Erfahrung von Christine Gürtler: "Man ist noch lange keine verkorkste Familie, nur weil es an den Feiertagen kracht." Gelassenheit sei auch gefragt, wenn die Kinder irgendwann kein Interesse mehr an lieb gewonnenen Familientraditionen zeigten. "Jugendliche suchen Gelegenheiten, sich von ihren Eltern zu lösen. Weihnachten bietet dafür viele Steilvorlagen. Das tut den Eltern weh, aber sie sollten das möglichst nicht persönlich nehmen."

Es sei wichtig, Teenagern Freiräume zu geben und etwa mit ihnen auszumachen, dass sie sich beim Festessen mit den Verwandten zusammenreißen sollen, dafür aber den Rest des Tages faulenzen oder Freunde treffen dürfen. Um das Fest so richtig zu genießen, rät Maral Alamdari allen Beteiligten, sich Weihnachten so vorzustellen: "Als einen gemütlichen Familiensonntag mit Benefit."

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